Vor wenigen Tagen auf der Google I/O Entwicklerkonferenz: Instant Apps werden zum Keynote-Thema und damit zum Hype auserkoren. Doch was steckt wirklich hinter der neuen Form von Apps. Werden sie Hype, Trend und haben sie Potential oder sind sie nur eine weitere von vielen Blasen, die kommen und gehen?

Ich habe mich auf dem MobileCamp in einer Session mit einigen Teilnehmer dazu ausgetauscht.

MobileCamp Session zu Instant Apps

Um das Fazit vorweg zu nehmen: Instant Apps haben aus Nutzersicht ein riesiges Potential.

Doch der Reihe nach.

Was sind eigentlich Instant Apps?

Derzeit existieren drei bekannte Möglichkeiten, um Funktionen und Informationen über ein mobiles Endgerät zu bekommen und zu nutzen:

  • Native Apps > sie werden von Unternehmen und Herstellern in einem App Store (Google Play, iTunes oder Microsoft Store) zur Verfügung gestellt. Der Nutzer lädt sie komplett herunter, richtet entsprechende Freigaben ein und kann sie benutzen. Sie gibt es bezahlt oder kostenfrei, mit In-App-Käufen oder werbefinanziert. Sie bringen alle Funktionen und Inhalte bereits mit und sind daher teilweise auch entsprechend groß. Beispiel: Google Chrome für Android: 131MB
  • Hypride Apps > auch sie stehen in einem App Store bereit und werden heruntergeladen. Der Unterschied zur klassischen nativen App ist, dass sie Informationen und Inhalte aus dem Web nachladen. Somit sind sie etwas dynamischer, aber vor allem auch kleiner.
  • Web Apps > sie stehen als mobile Website bereit und benötigen somit keinen Download aus dem App-Store. Damit sind sie äußerst flexibel einsetzbar, lassen aber oft auch das Gefühl einer nativen App in Bezug auf Bedienbarkeit und Funktionsumfang vermissen.

Instant Apps bilden nun die vierte Möglichkeit, Nutzer zu erreichen. Ganz einfach gesagt wird eine klassische native App in Module zerlegt, die für sich gesehen voll funktionsfähig sind und die immer einen entsprechenden Anwendungsfall abdecken. Diese Module sind wesentlichen kleiner als die ganze App und werden je nach Bedarf schnell aus dem App-Store geladen.

Beispiel:

Ich möchte mein Auto in einer Stadt ins Parkhaus stellen, habe kein Kleingeld damit und will mobil bezahlen. Um mir nicht die ganze App des Parkhausbetreibers herunterladen zu müssen, greife ich per Download nur auf das Modul für das Bezahlen zu, lade es herunter, bezahle und dann ist es auch schon wieder von meinem Smartphone verschwunden.

Soweit die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Genau diese Szenarien, Anwendungsfälle und Pro/Contra Argumentationen haben wir in einer Session ausführlich diskutiert.

Was spricht für die Instant Apps?

  • Ein schneller, einfacher und zeitlich begrenzter Zugriff auf genau die Funktionen einer App, die ich in dem Moment gerade benötige.
  • Eine höhere Kundenbindung und Kundenzufriedenheit, da einfache Bezahlvorgänge oder Interaktionen nicht immer den langwierigen Download der ganzen App zur Folge haben – ich bekomme die Funktion genau dann, wenn ich sie brauche.
  • Bevor ich eine App komplett installiere und sie dadurch in „mein Leben“ lasse, kann ich sie vorher ausgiebig testen.
  • Ich bekomme immer die aktuellste Version zur Verfügung gestellt, da ich das Instant Modul immer neu lade.
  • Schneller und sicherer Bezahlvorgang über meinen Account im App-Store, keine zusätzlichen Zahlungsinformationen wie in einer Web App / mobilen Website nötig.

Aber es gab in der Diskussion auch viele Fragen, die nach wie vor offen sind und es wird sich zeigen, wie diese durch Google in der Zukunft geklärt werden können.

  • Wie steht es mit der Authentifizierung des App-Herstellers? Wie sehe ich als Nutzer, ob es eine authorisierte App ist und keine Malware?
  • Was passiert, nachdem ich die App benutzt habe? Wird sie dann aus dem internen Speicher vollständig gelöscht?
  • Werden durch die Instant Module auch Zugriffsberechtigungen abgefragt? Laut Google sollen ja zwei Klicks zum Download und Bezahlen eines Tickets genügen?
  • Wie wird der Anwendungsfall umgesetzt, wenn ich Offline bin? Bei einer nativen App sind alle Funktionen auf dem Gerät verfügbar, hier muss jedoch alles geladen werden.

Außerdem sind die Instant Apps auch aus Unternehmenssicht nicht ganz unproblematisch. Abgesehen von den oben genannten Vorteilen gibt es auch hier noch offene Fragen:

  • Wie können solche Instant Module gewinnbringend vermarktet und platziert werden?
  • Wie sehen Refinanzierungsmöglichkeiten dazu aus
  • Wie entwickelt sich der Wettbewerb, wenn die Sichtbarkeit im App-Store nun eine geringere Rolle spielt – der Nutzer braucht zum Download ja eben nicht mehr in den Store, sondern bekommt am Point of Sale die Instant App direkt angeboten.

Native Apps haben den Vorteil, dass sie nach dem Download meist langfristig auf dem Nutzergerät verbleiben. Jeder Download und jede Bewertung erhöhen die Sichtbarkeit der App im App-Store und damit die Chance auf weitere Downloads. Je mehr Nutzer Instant Apps nutzen, desto geringer wird die Anzahl der komplett-Downloads und umso kurzlebiger wird der Zugang zum Nutzer. Vor allem das Sammeln von Nutzerdaten über die Zugangsberechtigung zum Browserverlauf, Geo-Daten, Kontakteliste etc. wird für die Unternehmen durch Instant Apps sicherlich schwieriger. Das jedoch ist ein weiterer Gewinn für den Nutzer.

Die Diskussion in der Session drehte sich dann auch um App-Konzepte und anwendungsfallspezifische Funktionen. Hier werden Entwickler deutlich mehr Zeit in die Konzeptionierung einer App investieren müssen als bisher.

Laut Google kann jede native App relativ schnell in einer Instant App konvertiert werden. Die Frage ist nur: Wer fängt an und werden die Nutzer die neue Form der Apps akzeptieren.

Die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer zog dann ein eindeutiges Fazit:

Instant Apps haben ein enormes Potential, da hier die Philosophie von nativen Apps und mobilen Websites miteinander vereint werden und das Nutzererlebnis ein ganz Neues und Einzigartiges ist.

MobileCamp Session Ergebnis zu Instant Apps